Auswahl von Schmiermitteln mit minimaler Auswirkung auf die Entflammbarkeit in Kabelmischungsformulierungen
Einleitung
Die Auswahl von Schmiermitteln in Kabelmischungsformulierungen erfordert eine sorgfältige Abwägung ihrer Auswirkungen auf die Flammwidrigkeit. Ein optimales Schmiermittel sollte eine hervorragende Verarbeitungshilfe bieten, ohne die Feuerbeständigkeit des Materials zu beeinträchtigen. Dieser Artikel skizziert Empfehlungen basierend auf chemischer Struktur, thermischer Stabilität und synergistischen Effekten mit Flammschutzsystemen, unter Verwendung von Branchenpraktiken und Forschungsdaten.
1. Empfohlene Schmiermitteltypen und -mechanismen
1.1. Schmiermittel auf Silikonbasis (Silikonpulver/Öl)
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Hauptvorteile:Die Si-O-Bindungsenergie in Silikonen (452 kJ/mol) ist deutlich höher als die von C-C-Bindungen (348 kJ/mol). Bei hohen Temperaturen bilden sie eine dichte, schützende Siliziumdioxidschicht, die die Flammenausbreitung hemmt. Beispielsweise kann die Zugabe von 0,5-3 % der Javachem® GT-Serie (Zhejiang Jiahua) zu halogenfreien, flammhemmenden Polyolefin-Kabelmischungen den Sauerstoffindex (OI) auf über 37 % erhöhen, den Düsenaufbau reduzieren und die Liniengeschwindigkeit um 20 % steigern.
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Anwendung:Geeignet für Kabelmischungen auf EVA/PE-Basis, insbesondere in stark gefüllten Systemen (>60 % Füllstoff). Ihre hydrophobe Natur reduziert die Feuchtigkeitsaufnahme und verbessert die Witterungsbeständigkeit.
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Typische Qualitäten:Dow Corning DC-3200, Shin-Etsu KF-96, Zhejiang Jiahua GT-300.
1.2. Metallseifen (Calcium-/Zinkstearat)
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Flammschutzmechanismus:Calciumstearat zersetzt sich bei 200-250 °C und erzeugt CaO und CO₂. CaO kann mit Aluminiumtrihydroxid (ATH) zu Calciumaluminat reagieren, wodurch die Dichte der Kohleschicht erhöht wird. Studien zeigen, dass 2-3 % Calciumstearat die Peak Heat Release Rate (PHRR) um 15 % reduzieren und die Füllstoffdispersion verbessern können.
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Prozesskompatibilität:Zeigt eine signifikante Synergie mit Phosphor-Stickstoff-Flammschutzmitteln (z. B. MPP). Kann einen Teil der traditionellen Schmiermittel in halogenfreien Formulierungen ersetzen, ohne die UL94 V-0-Einstufung zu beeinträchtigen, wenn es in einer Konzentration von 1-2 % verwendet wird.
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Hinweis:Übermäßige Verwendung kann zu Ausblühungen führen; es wird empfohlen, es in Kombination mit internen Schmiermitteln (z. B. Pentaerythritstearat) zu verwenden.
1.3. Oxidiertes Polyethylenwachs (OPE-Wachs)
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Eigenschaften:Der Carbonylgehalt (1,5-3 %) verbessert die Verträglichkeit mit polaren Flammschutzmitteln wie Magnesiumhydroxid (MDH). Die bei hohen Temperaturen gebildete oxidierte Schicht kann die Verbrennung unterdrücken. Tests zeigen, dass Kabelmischungen mit 1,5 % OPE-Wachs einen OI von 32 % beibehalten, 5 Punkte höher als bei Standard-PE-Wachs.
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Anwendungshinweis:Bevorzugen Sie Qualitäten mit hohem Schmelzpunkt (Tropfpunkt: 105-115 °C) mit Molekulargewichten zwischen 8000-15000, geeignet für Extrusionsprozesse bei 180-220 °C.
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Typische Qualitäten:Honeywell A-C 629, Clariant Licowax OP.
1.4. Polytetrafluorethylen (PTFE)-Mikropulver
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Flammschutzeigenschaften:PTFE hat eine hohe Zersetzungstemperatur (~500 °C) und erzeugt bei der Verbrennung nur Spuren von CO₂ und HF. Die gebildete Kohleschicht verhindert das Abschmelzen. Die Zugabe von 0,5-1 % PTFE-Mikropulver zu flammhemmendem PP kann das Auftreten von Abschmelzen von 70 % auf unter 10 % reduzieren.
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Spezifischer Wert:Geeignet für raucharme Kabel (z. B. Schienenverkehr), wo sein sehr geringer Reibungskoeffizient (0,05-0,1) die Reibungswärme während der Hochgeschwindigkeits-Extrusion reduziert.
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Typische Qualitäten:DuPont Teflon® MP100, Daikin Polyflon® L-15.
2. Schmiermitteltypen, die Vorsicht erfordern
2.1. Fettsäuren (Stearinsäure/Ölsäure)
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Risikoanalyse:Stearinsäure (C18H36O2) hat eine hohe Verbrennungswärme (42 MJ/kg, ~10 % höher als PE). Ihre Zersetzung erzeugt langkettige Kohlenwasserstoffe, die die Flammenausbreitung fördern können. Die Zugabe von über 0,5 % kann dazu führen, dass die UL94-Einstufung von V-0 auf V-2 sinkt.
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Alternativen:Vollständiger Ersatz durch Calciumstearat oder Verwendung von Hydroxystearinsäure mit niedrigem Molekulargewicht (z. B. 12-Hydroxystearinsäure), die eine um 18 % geringere Verbrennungswärme aufweist.
2.2. Standardamide (EBS)
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Einschränkungen:EBS zersetzt sich oberhalb von 300 °C und erzeugt Ammoniak und Nitrilgase, die den kohlenstoffbildenden Mechanismus von Flammschutzmitteln auf Phosphorbasis beeinträchtigen können. Experimente zeigen, dass 1 % EBS die vertikale Brenndauer um 2-3 Sekunden verlängern kann.
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Verbesserungsrichtung:Verwenden Sie silanmodifiziertes EBS (z. B. Clariant Licowax EBS-S), wobei freigesetzte Siloxane während der Verbrennung die negativen Auswirkungen der Amidzersetzung teilweise ausgleichen können.
2.3. Paraffinwachse (Flüssigparaffin/Mikrokristallines Wachs)
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Verbrennungsrisiken:Flüchtige Bestandteile von Paraffin neigen dazu, an die Oberfläche zu wandern und eine brennbare Schicht zu bilden. In OI-Tests kann die Zugabe von 2 % Paraffin den OI-Wert um 3-5 Punkte senken.
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Alternativen:Verwenden Sie Fischer-Tropsch-Wachse mit hohem Schmelzpunkt (>90 °C), die eine enge Molekulargewichtsverteilung, eine bessere thermische Stabilität als Paraffin und einen höheren Kohlenstoffrückstand bei der Verbrennung aufweisen.
3. Auswahlstrategie und Prozessoptimierung
3.1. Synergetisches Design mit Flammschutzmitteln
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Phosphor-Silizium-Synergie:Wenn Silikonschmiermittel mit Aluminiumphosphinat kombiniert werden, können Siloxane die Oberflächenanreicherung von Flammschutzmitteln auf Phosphorbasis fördern und eine "Si-P-Kohle"-Verbundschutzschicht bilden, wodurch der OI auf über 35 % erhöht wird.
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Metallseife-Hydroxid-Synergie:Bei einem Massenverhältnis von 1:10 (Calciumstearat:ATH) erhöht das gebildete Calciumaluminat die Kohlefestigkeit und erhöht den Rückstand bei 800 °C von 22 % auf 28 %.
3.2. Anpassung der Verarbeitungsparameter
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Temperaturkontrolle:Die optimale Verarbeitungstemperatur für Silikonschmiermittel liegt bei 180-200 °C; vermeiden Sie das Überschreiten von 220 °C, um einen Bruch der Si-O-Bindung zu verhindern. Fügen Sie Metallseifen später im Mischzyklus (130-150 °C) hinzu, um eine vorzeitige Zersetzung zu verhindern.
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Dispersionsprozess:Verwenden Sie für stark gefüllte Systeme Doppelschneckenextruder mit hoher Scherung (Schneckengeschwindigkeit 300-400 U/min) für eine gleichmäßige Dispersion von Schmiermitteln und Flammschutzmitteln. Das Vormischen von Silikonpulver mit ATH und die Zugabe in zwei Schritten kann die Zugfestigkeit um 12 % erhöhen.
3.3. Zertifizierung und Testvalidierung
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Grundlegende Tests:Sauerstoffindex (GB/T 2406.2) ≥32 %; Vertikales Brennen (UL94) V-0; Rauchdichte (GB/T 8323.2) Dm(4min) ≤75 %.
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Langzeitverhalten:Nach thermischer Alterung (120 °C × 168 h) sollte die Änderung der Zugfestigkeit ≤ ±10 % betragen und die Änderung der Bruchdehnung ≤ ±15 %.
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Umweltverträglichkeit:Bevorzugen Sie Schmiermittel, die RoHS und REACH entsprechen. Für medizinische Kabel erfüllen Sie Standards wie USP Klasse VI.
4. Typische Formulierungsbeispiele
4.1. Halogenfreie, flammhemmende Polyolefin-Kabelmischung
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Formulierung (Gewichtsteile):EVA (VA 18 %) 100, Magnesiumhydroxid 120, Silikonpulver 2, Calciumstearat 1,5, Antioxidans 1010 0,5, Lichtstabilisator 770 0,3.
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Eigenschaften:OI 37 %, Zugfestigkeit 11 MPa, Bruchdehnung 160 %, Wärmeschrumpfung (120 °C × 24 h) 0,8 %.
4.2. Hochflammhemmende PVC-Kabelmischung
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Formulierung (Gewichtsteile):PVC 100, Antimontrioxid 5, Phosphatester-Flammschutzmittel 20, Calciumstearat 1,2, OPE-Wachs 1,0, epoxidiertes Sojaöl 5.
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Eigenschaften:UL94 V-0, OI 34 %, Oberflächenwiderstand >10^14 Ω·cm. Geeignet für Industriekontrollkabel.
5. Risikokontrolle und Branchentrends
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Chargenstabilität:Führen Sie eine thermogravimetrische Analyse (TGA) an eingehenden Schmiermittelchargen durch, um sicherzustellen, dass die anfängliche Zersetzungstemperatur >250 °C und die flüchtigen Bestandteile ≤0,5 % betragen.
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Alternative Validierung:Verwenden Sie eine "schrittweise Ersatzmethode" für den Ersatz importierter Schmiermittel: Beginnen Sie mit 30 % inländischem Produkt, und erhöhen Sie es nach der Leistungsüberprüfung schrittweise auf 100 %. Beispielsweise hat das Silikonpulver von Yanshan Petrochemical Dow Corning DC-3200 in Photovoltaikkabeln erfolgreich ersetzt.
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Nachhaltigkeit:Biobasierte Schmiermittel (z. B. Rizinusöl-basierte Amide) haben ~40 % geringere Kohlenstoffemissionen als herkömmliche, und das bei der Verbrennung freigesetzte CO₂ kann von Pflanzen absorbiert werden, was mit Vorschriften wie dem CBAM der EU übereinstimmt.
Schlussfolgerung
Schmiermittel auf Silikonbasis, Metallseifen, oxidiertes Polyethylenwachs und PTFE-Mikropulver sind ideale Optionen für Kabelmischungen, die Schmierung und Flammwidrigkeit in Einklang bringen. Die praktische Anwendung erfordert eine Optimierung basierend auf dem spezifischen Flammschutzsystem, den Verarbeitungsbedingungen und den Leistungsanforderungen, validiert durch Versuche im kleinen Maßstab auf Kompatibilität und Brennverhalten.

